FaktenFakten Mörder

Gefährliche und brutale Serienmörder

Jack the Ripper, der Mythos

Hintergrund

In England kam es Mitte des 19. Jahrhunderts durch Einwanderung und eine hohe Geburtenrate zu einem stark exponentiellen Bevölkerungswachstum. In London führte dieses zu Umweltproblemen, wie dem Großen Gestank im Jahre 1858. Während um 1850 viele Iren aufgrund der Großen Hungersnot in Irland nach England flüchteten, kamen ab 1882 große Mengen Zuwanderer aus Osteuropa und Russland, die sich aufgrund der in ihrer Heimat stattfindenden Judenpogrome in derselben Londoner Gegend ansiedelten, dem Londoner East End. Das Gebiet um den Hafen, vor allem das heutige London Borough of Tower Hamlets, war extrem überbevölkert. Sowohl Arbeitsplätze als auch Wohnmöglichkeiten waren rar. Viele Frauen verdienten sich ihren Lebensunterhalt durch Gelegenheitsprostitution. Das Leben spielte sich auf der Straße, in Pubs und in Armenunterkünften, sogenannten Common Lodging-Houses, ab. Der Alltag bestand aus Armut, Alkohol und Diebstahl.

 

Die Whitechapel-Morde

Die Whitechapel-Morde bezeichnen eine Reihe von elf Morden, die sich zwischen dem 3.08.1888 und 13.02.1891 in Whitechapel und den angrenzenden Stadtteilen Poplar, Spitalfields und City of London ereignet haben. Obwohl tagtäglich einige Verbrechen gegenüber Frauen auftraten, traten sie besonders wegen ihrer Grausamkeit hervor. Die Opfer werden größtenteils als Prostituierte gesehen, aber diese gingen immer wieder auch anderen Tätigkeiten nach. Eine große Mehrheit der Experten und Forscher sieht in fünf Morden, die  als „Kanonische Fünf“ bezeichnet werden, die Tat einer einzelnen Person. Ob die restlichen sechs Personen auch Opfer dieses Mörders wurden oder aber ein oder mehrere weitere Täter an den Morden beteiligt waren, ist umstritten.

 

Frühe Morde

Emma Elizabeth Smith wurde am 3.8.1888 schwer verletzt in der Osborn Street, Whitechapel aufgefunden. Sie wurde entführt und vergewaltigt, und in ihrer Vagina steckte ein stumpfer Gegenstand, durch den auch ihr Perineum, also der „Damm“ zwischen After und inneren, beziehungsweise äußeren Geschlechtsteilen,  gerissen war. Nach ihrer eigenen Aussage wurde sie von zwei bis drei Männern angegriffen. Zwei Tage später starb sie an den Folgen ihrer Verletzungen.

Martha Tabram wurde am 7. August 1888 mit 39 Stichen ermordet. Wegen der zeitlichen Nähe zu den Morden an den „Kanonischen Fünf“ und der Brutalität dieser Tat wird Martha häufig zu den Opfern von Jack the Ripper gezählt.

 

Kanonische Fünf

Als die „Kanonischen Fünf“ werden die Whitechapel-Morde bezeichnet, die zwischen dem 31. August und dem 9. November 1888 verübt wurden. Ein überwiegender Anteil von Experten geht davon aus, dass diese von derselben Person begangen wurden.
Am 31. August 1888 wurde Mary Ann Nichols in der Buck’s Row, Whitechapel, tot aufgefunden. Ihre Kehle wurde durchschnitten und in der Leistengegend waren Schnitte angesetzt, um den Unterleib zu öffnen und ihre Organe freizulegen.

Die Leiche von Annie Chapman wurde am 8. September 1888 auf dem Hinterhof von 29 Hanbury Street, Spitalfields, entdeckt. Ihre Kehle wurde mit zwei Schnitten durchtrennt. Der Unterleib wurde vollständig geöffnet und ausgeweidet und ihre Gedärme waren über die rechte Schulter gelegt. Später stellte sich heraus, dass ein Teil der Bauchdecke sowie die komplette Gebärmutter fehlten.

Elizabeth Stride wurde am 30. September 1888 in der Nacht des sogenannten Double-Event ermordet. Ihr Leichnam wurde im Dutfield’s Yard in der Berner Street in Whitechapel gefunden. Im Gegensatz zu Mary Ann Nichols und Annie Chapman wurde Stride mit Ausnahme der Durchtrennung der Kehle nicht weiter verstümmelt.

Einige Quellen gehen davon aus, dass Stride aufgrund der fehlenden Öffnung des Unterleibs nicht zu den Opfern von Jack the Ripper gehört. Allerdings stimmen sowohl Zeit (ca. 1 Uhr morgens) und Ort, als auch die Merkmale des Opfers mit den anderen Morden überein. Die Quellen, die davon ausgehen, dass Jack the Ripper der Mörder war, sind der Meinung, dass der Täter durch die Ankunft eines Kellners einer angrenzenden Gaststätte bei seiner Tat gestört wurde.

Nur 44 Minuten später wurde am etwa einen Kilometer entfernten Mitre Square, City of London, der Körper von Catherine Eddowes gefunden. Ihr Leichnam war ähnlich verstümmelt wie der von Annie Chapman. Aus dem geöffneten Unterleib fehlten die halbe Gebärmutter sowie die linke Niere. Darüber hinaus war neben der durchschnittenen Kehle auch das Gesicht verstümmelt. Nach dieser weiteren abscheulichen Tat flüchtete Jack vermutlich wieder nach Whitechapel, denn in der Goulston Street wurde später ein Teil der Schürze von Catherine Eddowes gefunden. Wenn man davon ausgeht, dass beide Frauen von einer Person getötet wurden, so dürfte der Mörder an Catharine Eddowes das vollendet haben, was er bei Elizabeth Stride aufgrund der Störung nicht durchführen konnte.

Am 9. November 1888 wurde die Leiche Mary Jane Kellys in ihrem Zimmer in Miller’s Court in der Dorset Street entdeckt. Wie bei allen der „Kanonischen Fünf“ war die Kehle durchschnitten. Das Gesicht war stark verstümmelt, Brustkorb und Unterleib waren aufgeschnitten. Mehrere Organe waren entfernt worden und lagen verstreut im Raum. An verschiedenen Stellen des Körpers wurde das Muskelfleisch entfernt. Das Herz fehlte und wurde entweder vom Täter mitgenommen oder vor Ort in einem Ofen verbrannt.

Der Mord an Mary Jane Kelly unterscheidet sich von den anderen Opfern, da Kelly wesentlich jünger war und sie nicht in der Öffentlichkeit, sondern in ihrer privaten Unterkunft ermordet wurde. Wegen diesem Grund sind einige Experten der Meinung, dass Mary Jane Kelly nicht von Jack the Ripper getötet worden ist. Die Mehrheit der Forscher hingegen sieht sie durchaus als das Opfer Jack the Rippers. Zeit und soziale Schicht passen ins Bild. Auch die Tatsache, dass die Verstümmelungen von Mord zu Mord schlimmer wurden, spricht dafür. Wegen der umfassenden Berichterstattung und den Ermittlungen durch Polizei und Bürgerwehr könnte sich der Mörder deshalb dazu genötigt gefühlt haben, Vorsicht walten zu lassen und Mary Jane Kelly in einem geschützten Raum, außerhalb der Öffentlichkeit, zu ermorden.

 

Spätere Morde

Mary Jane Kelly gilt gemeinhin als das letzte Opfer von Jack the Ripper. Das plötzliche Ende der Mordserie wird damit erklärt, dass der Mörder gestorben sei, aus anderen Gründen inhaftiert, in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen wurde oder das Land verlassen habe. Einige wenige Forscher sehen aber auch die letzten vier der Whitechapel-Morde als Taten des Rippers.

Am 20. Dezember 1888 wurde die Leiche der erdrosselten Rose Mylett in einem Hinterhof in der High Street, Poplar, gefunden. Da keine Kampfspuren zu finden waren, ging die Polizei zunächst davon aus, dass sie sich in ihrem Alkoholrausch ausversehen umgebracht hat oder mit Absicht Selbstmord began. Nach einer Untersuchung war man jedoch davon überzeugt, dass es sich um einen Mordfall handelte.

Alice McKenzie wurde am 17. Juli 1889 durch einen Schnitt durch die Halsschlagader getötet. Außerdem fand man auch Stichwunden in der Bauchdecke.

Der sogenannte Pinchin-Street-Torso wurde am 10. September 1889 in der Pinchin Street, Whitechapel, unter einer Eisenbahnbrücke entdeckt. Weitere Körperteile wurden nicht gefunden. Die Identität des Opfers ist unbekannt, und das Alter wurde auf 30 bis 40 Jahre geschätzt. Über die Todesursache gibt es widersprüchliche Vermutungen. Die Polizei ging wegen des Blutes, das im Körper verblieben war, nicht davon aus, dass die Todesursache ein Ausbluten oder ein Kehlenschnitt war. Die Gerichtsmediziner hingegen meinen, dass aufgrund des Fehlens von Blut im Fettgewebe und den Blutgefäßen, der oder die ermordete verblutete.

Schon im Oktober 1888 wurde im Regierungsviertel Whitehall ein ähnlich verstümmelter Torso gefunden. Der Pinchin-Street-Torso unterscheidet sich wegen des völlig abweichenden Tathergangs von den anderen Whitechapel-Morden.

Am 13. Februar 1891 wurde unter einer Bahnüberführung in Whitechapel eine Frauenleiche gefunden, welche später als Frances Cole identifiziert wurde. Außer der durchtrennten Kehle wurden keine weiteren schweren Verletzungen gefunden. In Zusammenhang mit diesem Mord wurde kurze Zeit später James Thomas Sadler, der kurz vor dem Mord zusammen mit Frances Cole gesehen wurde, verhaftet und verhört. Er wurde für eine Weile verdächtigt, Jack the Ripper zu sein, wurde allerdings am 3. März 1891 aus Mangel an Beweisen wieder entlassen.

 

Weitere Morde und gewalttätige Übergriffe

In Einzelfällen werden auch Morde und Übergriffe Jack the Ripper zugeordnet, die nicht zu den Whitechapel-Morden gezählt werden, da sie teilweise zu anderen Zeiten und Orten, mitunter auch außerhalb der Stadt London verübt wurden oder andere Tatumstände aufweisen.

Fairy Fay ist das Pseudonym einer mutmaßlichen Leiche, die am 26. Dezember 1887 in Whitechapel gefunden worden sein soll und der angeblich ein Pflock in den Unterleib gerammt wurde. Allerdings wurden keine Leichenfunde oder Morde im Zeitraum um den zweiten Weihnachtsfeiertag jenes Jahres aufgezeichnet, daher wird von den meisten Experten bezweifelt, dass Fairy Fay überhaupt existierte.

Annie Millwood war manchen Berichten zufolge ein Opfer eines Angriffs am 25.02.1888, wegen dem sie mit zahlreichen Stichen in den Beine und unteren Teil des Körpers in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Sie wurde aus dem Krankenhaus entlassen, starb aber am 31.03.1888 eines natürlichen Todes. Wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs ihrer Verletzungen und ihres Todes ist aber angesichts der damaligen medizinischen Möglichkeiten davon auszugehen, dass sie den Folgen ihrer Verletzungen erlegen ist.

Ada Wilson war Berichten nach ein Opfer eines Angriffs am 28. März 1888, bei dem sie zwei Stiche in den Hals davontrug. Sie überlebte den Angriff.

Am 2. Oktober 1888 wurde im Regierungsviertel Whitehall im Keller der Zentrale von Scotland Yard der Torso einer Frau gefunden. Ein zum Körper gehörendes Bein war in der Nähe des Torsos begraben worden, außerdem wurde ein Arm des Körpers im Stadtteil Pimlico aus der Themse gezogen. Weitere Gliedmaßen sowie der Kopf wurden nie gefunden und die Identität der Leiche konnte nicht geklärt werden. Der als Whitehall Mystery bekannte Körper weist Ähnlichkeiten zum Pinchin-Street-Torso auf, der ein Jahr später in Whitechapel gefunden wurde. Mehrheitlich geht man davon aus, dass es sich hierbei um einen weiteren Täter handelt, der zeitgleich mit Jack the Ripper mordete, dieser wird auch als Torso Killer bezeichnet.

In Bradford, Grafschaft West Yorkshire, wurde am 29. Dezember 1888 die Leiche des siebenjährigen John Gill gefunden. Seine Beine waren gebrochen und sein Unterleib eröffnet, die Gedärme waren freigelegt. Außerdem fehlte der Leiche ein Ohr und das Herz. Die Verletzungen des Jungens wiesen somit große Ähnlichkeiten mit denen von Mary Jane Kellys auf, was zu der Vermutung führte, dass Jack the Ripper John Gill getötet haben könnte. Eine Person aus dem Umfeld des Jungen wurde verdächtigt und verhört, aber mangels Beweisen aus der Haft entlassen. Das Verbrechen wurde nie aufgeklärt.

Ein weiteres Opfer eines brutalen Angriffes war Carrie Brown. Sie wurde mit Kleidung stranguliert und anschließend mit einem Messer verstümmelt. Ihr Körper wurde mit einem großen Riss in der Leistengegend und oberflächlichen Schnitten an ihren Beinen und auf ihrem Rücken gefunden. Auf ihrem Bett wurde ein Eierstock gefunden. Es wurden jedoch keine Organe mitgenommen. Ob der Eierstock gezielt entfernt wurde oder aus dem aufgerissenen Körper herausfiel, ist unklar. Als in dieser Zeit der Mord mit den Geschehnissen in Whitechapel verglichen wurde, schloss die Londoner Polizei jede Verbindung aus.

 

Ermittlungen

In der Zeit der Morde des Rippers waren die Ermittlungstechniken und Erkenntnisse auf einem erheblich niedrigeren Stand als heute. Viele forensische Möglichkeiten waren zu dieser Zeit unbekannt oder standen nicht zur Verfügung. Das Konzept und die Beweggründe von Serienmördern waren nur wenig ergründet. Die Polizei ging damals von sexuellen Beweggründen des Mörders aus und war mit dieser Art von Verbrechen nicht vertraut. Aufgrund der erhaltenen Ermittlungsakten ist gut nachvollziehbar, wie die Polizei zu dieser Zeit arbeitete. Im Falle der Whitechapel-Morde suchte die Polizei in großen Gruppen die den Tatorten umliegenden Häuser auf und befragte über 2.000 Personen, über 300 von diesen wurden mit den Morden in Verbindung gebracht und 80 verhaftet.

Zunächst trug das Polizeirevier in Whitechapel die Verantwortung für die Ermittlungen. Nach dem Mord an Mary Ann Nichols wurden Inspektoren aus der Zentrale des Metropolitan Police Service entsande. Da Scotland Yard keine Macht in der City of London besaß, wurden nach dem Auffinden der Leiche von Catharine Eddowes Beamte der City of London Police hinzugezogen. Schließlich ernannte Polizeichef Charles Warren Donald Swanson zum Leiter der Ermittlungen, weil sich der Leiter der Abteilung für Verbrechensaufklärung, Robert Anderson, zu der Zeit im Ausland befand.

Nachdem Teile der Bevölkerung des East End mit der polizeilichen Arbeit unzufrieden waren, gründeten diese unter der Leitung von George Lusk die Bürgerpolizei Whitechapel Vigilance Committee. Dieses ging selbsttätig auf Patrouille und stellte Privatermittler ein, um verdächtige Personen zu observieren, außerdem reichten sie mehrfach Petitionen bei der Regierung ein, um Informationen über die polizeilichen Ermittlungen zu erhalten.
Die Polizei richtete ihr Augenmerk zunächst auf das Verhören und die Überprüfung der Alibis von Schlachtern, Chirurgen und Ärzten, die sie aufgrund des Vorgehens des Mörders zuerst verdächtigten.

Goulston-Street-Grafitto

Nach den als Doppel-Ereignis bekannten Morden an Elizabeth Stride und Catharine Eddowes in der Nacht des 30. September 1888 fand Constable Alfred Long in einem Treppenhaus des Gebäudes 108-119 Goulston Street, die etwa 500 Meter von Mitre Square bzw. 800 Meter von der Berner Street entfernt liegt, ein blutverschmiertes Stück einer Schürze. Später fand man heraus, dass dieses Stück zu der Schürze gehörte, die Catharine Eddowes in der Tatnacht getragen hatte. An der Wand über dem Teil der Schürze war mit weißer Kreide ein Graffito angebracht worden.

Nach Aussage von Constable Long lautete der Text „The Juwes are the men that will not be blamed for nothing“ (deutsch „Die Juden sind die Menschen, die nicht grundlos beschuldigt werden.“). Constable Daniel Halse von der City of London Police, der später am Fundort dazu kam, will hingegen gelesen haben: „The Juwes are not the men that will be blamed for nothing“ (deutsch „Die Juden sind nicht die Menschen, die grundlos beschuldigt werden.“). Eine dritte Aussage stammt von Stadtvermesser William Foster, der angab, dass der Text „The Juws are not the men to be blamed for nothing.“ (deutsch „Die Juden sind nicht die Menschen, die grundlos beschuldigt sind.“) lautete. Für die Ermittlungen maßgeblich war die Version von Alfred Long, die von Polizeichef Charles Warren an das Innenministerium weitergegeben wurde.

Nach dem Mord an Mary Ann Nichols verdichteten sich im East End schnell Gerüchte, dass die Morde von einem Juden, der Leather Apron genannt wurde, verübt worden sein sollen, was rassistische Kundgebungen nach sich zog. Superintendent Thomas Arnold ordnete daher, mit Erlaubnis von Charles Warren, an, das Graffito auf der Stelle zu entfernen, um mögliche Aufstände zu verhindern. Es war daher nicht mehr möglich, das Graffito fotografisch festzuhalten. In seinem Bericht vom 9. November 1888 schreibt Arnold:

“I beg to report that on the morning of the 30th Sept. last, my attention was called to some writing on the wall of the entrance to some dwellings at No. 108 Goulston Street, Whitechapel which consisted of the following words: „The Juwes are [not] the men that will not be blamed for nothing“, and knowing in consequence of suspicion having fallen upon a Jew named ‚John Pizer‘ alias ‚Leather Apron‘ having committed a murder in Hanbury Street a short time previously, a strong feeling existed against the Jews generally, and as the Building upon which the writing was found was situated in the midst of a locality inhabited principally by that Sect, I was apprehensive that if the writing were left it would be the means of causing a riot and therefore considered it desirable that it should be removed having in view the fact that it was in such a position that it would have been rubbed by persons passing in & out of the Building.”

(Auf deutsch:
„Ich bitte darum berichten zu dürfen, dass am Morgen des 30. September, dem Letzten, meine Aufmerksamkeit auf eine Aufschrift an der Wand des Eingangs zu Behausungen in der Goulston Street 108, Whitechapel gerichtet wurde, welche aus folgenden Worten bestand: „Die Juden sind [nicht] die Menschen, die nicht grundlos beschuldigt werden“. Ich wusste, dass aufgrund der Verdächtigung eines Juden namens ‚John Pizer‘, genannt ‚Leather Apron‘, der beschuldigt wurde, den kürzlich in der Hanbury Street verübten Mord begangen zu haben, ein starkes Gefühl gegen die Juden im Allgemeinen aufkam. Da das Gebäude, auf dem sich die Aufschrift befand, sich mitten in der Lokalität befand, die hauptsächlich von dieser Sekte bewohnt wird, war ich besorgt darüber, dass wenn die Aufschrift verbleibt, diese für einen Aufstand verantwortlich sein könnte, daher habe ich erwogen, dass es wünschenswert sei, sie aufgrund der Tatsache, dass sie sich an einer Stelle befand, die gut von den Menschen, die hinein- und hinausgehen einsehbar war, zu entfernen.“ )

Ob das Graffito in einer Verbindung zu den Morden steht oder sich zufällig dort befand, war und ist umstritten. Während der Leiter der Polizeiwache in Whitechapel, Walter Dew, davon überzeugt war, dass die Aufschrift für die Ermittlungen irrelevant sei, so sahen sie Robert Anderson und Charles Warren als Werke des Mörders. Der Historiker Philip Sugden sieht drei Möglichkeiten:

1. Das Graffito ist nicht Werk des Mörders, er ließ das Teil der Schürze zufällig an dieser Stelle liegen.

2. Das Graffito stammt vom Mörder, der Jude ist und sich selber und alle Juden als Schuldige darstellt.

3. Das Graffito stammt vom Mörder und dieser will damit den Verdacht auf die Juden lenken und die Polizei auf eine falsche Fährte führen.

 

Täterprofil

Robert Anderson, Leiter der Abteilung für Verbrechensaufklärung bei Scotland Yard, machte sich Ende Oktober 1888 Gedanken darüber, ob der Mörder anatomische und chirurgische Fähigkeiten gehabt haben müsse, um Organe freilegen und entnehmen zu können. Darum befragte er dazu den Chirurgen Thomas Bond, der schließlich das erste bekannte Täterprofil des Mörders an den Kanonischen Fünf anfertigte. Das von Bond erstellte Profil gründet auf seiner Untersuchung der Leiche von Mary Jane Kelly sowie den Fallakten der anderen vier Opfer.

“All five murders no doubt were committed by the same hand. In the first four the throats appear to have been cut from left to right, in the last case owing to the extensive mutilation it is impossible to say in what direction the fatal cut was made, but arterial blood was found on the wall in splashes close to where the woman’s head must have been lying. All the circumstances surrounding the murders lead me to form the opinion that the women must have been lying down when murdered and in every case the throat was first cut.”

(Auf dt:
„Alle fünf Morde wurden ohne Zweifel von derselben Person begangen. In den ersten vier Fällen schienen die Kehlen von links nach rechts durchschnitten worden zu sein. Im letzten Fall ist es wegen der tiefgreifenden Verstümmelungen unmöglich, eine Aussage darüber zu treffen, in welche Richtung der tödliche Schnitt geführt wurde, aber es wurden an der Wand arterielle Blutspritzer gefunden, die sich in der Nähe der Stelle befanden, an der der Kopf der Frau gelegen haben muss.
Alle Umstände rund um die Morde haben mich dazu veranlasst, mir die Meinung zu bilden, dass die Frauen unten gelegen haben müssen, als sie ermordet wurden, und dass in jedem Fall die Kehle zuerst durchgeschnitten wurde.“)

Bond geht weiter davon aus, dass der Mörder nicht notwendigerweise Kenntnisse in Anatomie und Chirurgie noch Kenntnisse eines Schlachters gehabt haben müsse. Vielmehr sei der Täter ein Einzelgänger gewesen mit „zeitweisen Ausbrüchen von zerstörerischem und sexuellem Wahn“. Aufgrund der Art der Verstümmelungen sei von einem abnormalen Sexualtrieb auszugehen. Weiter sei, laut Bond, davon auszugehen, dass sich „der zerstörerische Antrieb“ aus einem „rachsüchtigen oder grüblerischen Geisteszustand“ entwickelt habe. Ebenso sei ein religiöser Wahn als Auslöser denkbar.

Dass ein sexueller Kontakt des Mörders mit den Opfern stattgefunden hat, kann nicht nachgewiesen werden. Allerdings gehen einige Psychologen davon aus, dass das Erstechen der Opfer und das Zurschaustellen der verstümmelten Leichen in sexuell erniedrigenden Posen dem Täter eine Art sexuelles Vergnügen bereitet haben könnte. Andere hingegen halten derartige Hypothesen für unhaltbare Spekulation.
Der Profiler John E. Douglas sieht als Jack the Ripper eine Person im Alter von 30 bis 40 Jahren mit irrational asozialem oder launischem Auftreten, der in der Umgebung der Tatorte gelebt haben müsse.

Tatsächlich weiß man über den Täter nur wenig. Es wurde vielfach angenommen, dass er über ein detailliertes Wissen bezüglich der Anatomie des menschlichen Körpers verfügte. Bei genauerer Betrachtung seiner Taten war dies jedoch keine notwendige Voraussetzung. Wiederholt wurde der Ripper als Jude oder Ausländer bezeichnet. Aufgrund der Tatsache, dass die Stadtteile, in denen die Morde verübt wurden, von einer großen Anzahl von Einwanderern und Menschen jüdischen Glaubens bewohnt wurden, ist dies zwar eine Möglichkeit, viel eher aber darf bei diesbezüglichen Verdächtigungen von Vorurteilen ausgegangen werden, da starke judenfeindliche und rassistische Tendenzen in der Bevölkerung vorhanden waren.

Auf der Grundlage von zeitgenössischen Zeugenaussagen entwarfen Experten der Metropolitan Police 2006 ein Phantombild Jack the Rippers sowie eine Personenbeschreibung. Demnach war er etwa 25–35 Jahre alt, trug einen Schnurrbart und hatte einen relativ hohen Haaransatz. Er wäre demnach etwa 1,65–1,70 m groß gewesen.

 

Briefe im Zusammenhang mit Jack the Ripper

Während des Verlaufs der Rippermorde erhielten Polizei und Zeitungen tausende Briefe im Zusammenhang mit diesem Fall.
Einige stammten von Personen, die in guter Absicht Ratschläge zur Ergreifung des Mörders geben wollten. Der größte Teil davon wurde als nutzlos erachtet.
Wahrscheinlich interessanter waren hunderte von Bekenner-Briefen, in denen behauptet wurde, sie seien vom Mörder selbst geschrieben worden. Der weitgehend größte Teil dieser Briefe wurde als Scherz betrachtet. Viele Experten meinen, dass keiner von ihnen vom Ripper persönlich verfasst wurde. Mit Hilfe einer neuen Methode zur Bestimmung von DNS-Proben gelang australischen Wissenschaftlern der Nachweis, dass die meisten Briefe Fälschungen sind. Einige der durch die damalige oder heutige Polizei als womöglich echt betrachteten Briefe sind die folgenden drei bekannten:

Der Brief „Dear Boss“ (deutsch Lieber oder sehr geehrter Chef oder Meister) ist auf den 25. September 1888 datiert. Er wurde am 27. September 1888 abgestempelt und ist am gleichen Tag bei der Central News Agency eingegangen. Am 29. September 1888 wurde er an Scotland Yard weitergeleitet. Im Brief versprach der Absender, dass er der „Dame die Ohren abschneiden“ (original clip the lady’s ears off) werde. Anfangs wurde er als Scherz betrachtet. Als jedoch Catharine Eddowes am 30. September 1888 mit einem teilweise abgeschnittenen Ohr gefunden wurde, erhielt der Brief mehr Aufmerksamkeit. Die Polizei veröffentlichte den Brief am 1. Oktober 1888 in der Hoffnung, jemand würde die Handschrift erkennen. Diese Bemühungen blieben erfolglos. Der Name „Jack the Ripper“ wurde in diesem Brief erstmals benutzt und erlangte nach der Veröffentlichung seine weltweite Bekanntheit. Die meisten der nachfolgenden Briefe ahmten den Stil des veröffentlichten Briefes nach. Nach den Morden behaupteten Polizeibeamte, der Brief sei ein Scherz eines lokalen Journalisten gewesen.

Die Postkarte „Saucy Jack“ (deutsch frecher oder unverschämter Bube) wurde am 1. Oktober 1888 abgestempelt und ging am selben Tag bei der Central News Agency ein. Sie war handgeschrieben und hatte Ähnlichkeiten mit dem „Dear Boss“-Brief. In der Postkarte wird mit dem Satz: „double event this time“ (deutsch doppeltes Ereignis dieses Mal) erwähnt, dass zwei Opfer (Elizabeth Stride und Catharine Eddowes) in kurzer Zeit nacheinander getötet wurden. Es wurde behauptet, dass die Karte vor der Veröffentlichung der Morde abgeschickt worden sei. Dabei ging man davon aus, dass es unwahrscheinlich war, dass jemand bereits das entsprechende Wissen bezüglich der neuen Verbrechen haben konnte. Letztendlich wurde die Postkarte aber mehr als 24 Stunden nach den Taten veröffentlicht. Es verging daher viel Zeit, in der den Journalisten und Bewohnern des Gebietes viele Details bekannt wurden. Polizeibeamte behaupteten später, sie hätten einen bestimmten Journalisten als Absender dieser Postkarte und des früheren „Dear Boss“-Briefes identifiziert, aber sein Name wurde nie veröffentlicht.

Der Brief „From Hell“ (deutsch aus der Hölle) ist auch als der „Lusk“-Brief bekannt. Er wurde am 15. Oktober 1888 abgestempelt und ging bei George Lusk beim Whitechapel Vigilance Committee (deutsch Wachsamkeitsausschuss) am 16. Oktober 1888 ein. Lusk öffnete eine kleine Schachtel und entdeckte eine halbe menschliche Niere. Später wurde gesagt, sie sei in Ethyl-Alkohol konserviert gewesen. Bei Catharine Eddowes war vom Mörder eine Niere entfernt worden und ein Mediziner ermittelte, dass die zugesandte Niere „der von Catharine Eddowes entfernten sehr ähnlich“ (original „very similar to the one removed from Catharine Eddowes“) gewesen sei. Diese Aussage war nicht beweiskräftig. Der Absender behauptete, die fehlende Hälfte der Niere gebraten und gegessen zu haben. Über die Niere gibt es einige Meinungsverschiedenheiten. Einige Quellen nehmen an, sie gehörte Catharine Eddowes. Andere behaupten, dass der Brief lediglich ein makaberer Scherz gewesen sei.

Einige Quellen nennen einen weiteren Brief, der auf den 17. September 1888 datiert war und als erste Nachricht den Namen Jack the Ripper nutzte. Experten glauben, dass es sich dabei um eine moderne Fälschung handelt, die im 20. Jahrhundert, lange nach den Morden, in die Unterlagen der Polizei eingefügt wurde. Als Gründe für eine Fälschung wurde angeführt, dass der Brief weder einen offiziellen Stempel der Polizei mit dem Eingangsdatum noch die Initialen des Ermittlers trug, der den Brief auf seine möglicherweise starke Beweiskraft hin untersucht haben musste. Zudem wurde der Brief in keinen Unterlagen der Polizei in dieser Zeit erwähnt. Darüber hinaus behaupten einige derjenigen, die den Brief gesehen haben, dass dieser mit einem Kugelschreiber geschrieben worden sei, der erst 50 Jahre nach den Ripper-Morden erfunden wurde.

 

Rolle der Medien

Die Ripper-Morde bezeichnen einen entscheidenden Wendepunkt im modernen britischen Leben. Jack the Ripper war zwar nicht der erste Serienmörder, jedoch der erste, um dessen Tötungen die Medien einen weltweiten Medienrummel entfachten.

Gesetzesreformen im Jahre 1855 ermöglichten den Druck preisgünstiger Zeitungen in großen Auflagen. Beliebte Magazine wie die Illustrated Police News (dt. Bebilderte Polizeinachrichten) bescherten dem Ripper einen bis dahin beispiellosen Bekanntheitsgrad. Auch International wurde ausführlich über die Whitechapel-Morde berichtet.
Aufgrund der Medien und der Tatsache, dass niemand jemals für die Morde angeklagt wurde, wurde eine legendäre Jagd nach dem Täter veranstaltet. Auch in späteren Zeiten wurden Serienmörder durch die weithin bekannten Legenden des Jack the Ripper beeinflusst. Umgekehrt nahm die extreme Medialisierung des Ripper-Falles auch Einfluss auf das (vermeintliche) Wissen über den Täter und die Tat.

Einige glauben, der Spitzname des Mörders sei von Zeitungsverkäufern erfunden worden, um die Geschichte interessanter zu machen und mehr Zeitungen zu verkaufen. Dies wurde in den Medien später ein übliches Vorgehen, wie sich an den Beispielen des Boston Strangler, Green River Killer, Axeman of New Orleans, Beltway Sniper, Hillside Stranglers und des Zodiac-Killer sowie an den britischen fast 100 Jahre späteren Beispielen Yorkshire Ripper und dem unbenannten Täter der „Thames Nude Murders“ (dt. Themse-Nacktenmorde) in den 1960er Jahren veranschaulichen lässt. Den Täter der „Thames Nude Murders“ betitelte die Presse sogar als Jack the Stripper.

Die Armen in Eastend von London waren lange Zeit von der wohlhabenden Gesellschaft ignoriert worden. Durch die Morde wurde jedoch die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Lebensbedingungen der Opfer und der Unterschicht im Allgemeinen gerichtet. Aufgrund dieser erhöhten Aufmerksamkeit gelang es den Sozialreformern dieser Zeit nun, die Oberschicht zum Zuhören und Handeln zu bewegen.

 

Neue Ergebnisse in diesem Fall

Die britischen Wissenschaftler Dr. Jari Louhelainen und Dr. David Miller behaupten, neue Einzelheiten zum Fall des berüchtigten Killers aufgedeckt zu haben. Laut eines von ihnen  veröffentlichten Berichtes im Journal of Forensic Sciences nutzten sie dazu den ihnen einzig bekannten Beweis, der mit den Morden in Verbindung steht und an einem der Tatorte gesichert werden konnte.

Die Forscher sollen einen blutgetränkten Schal des vierten Opfers Catherine Eddowes analysiert haben.

Science zufolge konnte das Blut auf dem Kleidungsstück durch genetische Tests mit dem 23-jährigen polnischen Barbier Aaron Kosminski verknüpft werden. Er zählte schon 1888 zum Kreis der Verdächtigen, und wurde sogar von einem Zeugen identifiziert. Aufgrund zu geringer Beweislage – der Zeuge weigerte sich, gegen Kosminski auszusagen – konnte er jedoch nicht für die Morde verurteilt werden.

Miller und Louhelainen betonten, dass die daraus gewonnenen Informationen mit der einzigen Zeugenaussage übereinstimmten. Außerdem wären die von ihnen angestellte Untersuchung die gegenwärtig am weitesten fortgeschrittene. Laut Science ist dies auch das erste Mal, dass DNA-Beweise zum Jack The Ripper-Fall in einem begutachteten Journal veröffentlicht wurde.

Ted Bundy, der Charismatiker

Florida Photographic Collection

 

Kindheit und Jugend

Bundy wurde am 24. November 1946 in Burlington, Vermont geboren. Seiner Mutter, Louise Cowell, zufolge, sei sein Vater ein Kriegsveteran namens Jack Worthington gewesen, den Ted jedoch nie kennenlernte. Die folgenden vier Jahre lebten Bundy und seine Mutter bei seinen streng methodischen Großeltern Samuel und Eleanor Cowell in Philadelphia. Um zur damaligen Zeit nicht durch ein uneheliches Kind in der Familie angeprangert zu werden, gaben sich Samuel und Eleanor Cowell als die leiblichen Eltern Teds aus, wodurch Bundy anfangs in dem Glauben aufwuchs, dass seine Mutter seine Schwester sei. Erst Jahre später konnte er anhand seiner Geburtsurkunde die wahre Identität seiner Mutter erfahren; sein Vater wurde in dem Dokument als „unbekannt“ angegeben. Samuel Cowell galt als verbitterter Rassist, der Frauen schlug und Tiere quälte. Später gab es Spekulationen, dass Bundys Großvater tatsächlich sein leiblicher Vater gewesen sein könnte. Im Alter von drei Jahren wurde Ted Bundy zum ersten Mal verhaltensauffällig, als er seiner schlafenden fünfzehnjährigen Tante mehrere Fleischermesser ins Bett legte und grinste, als sie aufwachte und erschreckt die Messer bemerkte.

Im Jahre 1950 zog Louise Cowell mit ihrem Sohn zu Verwandten nach Tacoma, Washington. Bald darauf lernte sie John Bundy kennen, der sie im Mai 1951 heiratete und Ted adoptierte. Das Paar bekam vier gemeinsame Kinder im jeweiligen Abstand von knapp 2 Jahren: Linda, Glenn, Sandra und Richard. Das Verhältnis zwischen Ted und seinem Stiefvater wurde zunehmend von Spannungen geprägt, und Ted lehnte es schließlich ab, John als seinen Vater zu bezeichnen.

Bundy besuchte die Woodrow Wilson Highschool in Tacoma und war ein guter Schüler, aber auch ein Einzelgänger, der durch sein willkürliches Temperament auffiel und wenig Interesse an Mädchen zeigte. Zu seiner großen Enttäuschung wurde er weder in die Basketball- noch in die Baseballmannschaft seiner Schule aufgenommen. Stattdessen begann er, Ski zu fahren, stahl sich die dazu nötige Ausrüstung zusammen und fälschte Skipässe um kostenlos Ski zu fahren.

 

Studium

Nach seinem Schulabschluss im Jahr 1965 studierte er ein Jahr lang an der University of Puget Sound bevor er 1966 an die University of Washington in Seattle wechselte, um Asienwissenschaften zu studieren. Zusätzlich belegte er einen Chinesisch-Intensivkurs, allerdings fielen seine Leistungen bald hinter die der anderen Studenten zurück. Kurzzeitig belegte er Kurse in Stadtplanung, war jedoch auch in diesem Fach nicht erfolgreich. 1967 verließ ihn seine erste Freundin, da sie ihn für unreif hielt.
Ein Jahr später brach er sein Studium an der University of Washington ab und belegte ein Semester an der Temple University in Philadelphia. Im Herbst 1969 kehrte er nach Washington zurück, wo er eine Beziehung mit Elizabeth Kloepfer einging und sich abermals an der University of Washington einschrieb, dieses mal für Psychologie. In seiner Freizeit arbeitete er halbtags bei einer Suizid-Hotline. Er engagierte sich für die erfolgreiche Wiederwahlkampagne des Politikers Daniel J. Evans zum Gouverneur von Washington und wirkte als Mitglied der Kriminalkommission von Seattle an einem Gesetzesentwurf zum Verbot des Trampens, also umher ziehen per Anhalter, mit.

 

Mordserie in Oregon und Washington

Es ist ungeklärt, wann Bundy mit der Mordserie anfing da er widersprüchliche Angaben machte. Zu den am weitesten zurückliegenden Taten, die er gestand, gehört der Mord an einer unbekannten Anhalterin im Mai 1973 in Olympia. 1974 häuften sich die Vermisstenfälle junger Frauen in Washington. Die 21-jährige Lynda Healy war die Erste, die verschwand.

Am 31.01.74 war Ted in ihr Studentenwohnheim in Seattle eingebrochen und entführte sie aus ihrem Zimmer. Er fuhr mit ihr zum Taylor Mountain, wo er sie vergewaltigte und tötete. Zwei Monate später verschwand die 19-jährige Donna Manson auf dem Weg zu einem Konzert, doch die Polizei brachte ihr Verschwinden nicht mit dem von Healy in Zusammenhang.

Am 17. April 1974 verschwand die 18 Jahre alte Susan Rancourt auf dem Weg zu einer Filmvorführung in Ellensburg. Später meldete sich eine Zeugin bei der Polizei und berichtete, ihr sei drei Tage zuvor ein Mann mit einem verbundenen Arm am Eingang zur Bibliothek von Ellenburgs Central Washington State College begegnet, der den Anschein erweckt habe, er benötige Hilfe beim Tragen seiner Bücher. Sie hatte ihm die Bücher daraufhin zu seinem VW-Käfer getragen und merkte, dass der Beifahrersitz des Wagens fehlte. Als der Mann sie in schroffem Ton aufgefordert hatte, in den Wagen zu steigen, war sie davongelaufen. Ein weiterer Vermisstenfall kam am 6.05.1974 in Oregon hinzu, nachdem die 22-jährige Roberta Parks nicht von einem Spaziergang in Corvallis zurückgekehrt war.

Am 1. Juni 1974 verschwand Brenda Ball auf dem Heimweg von einer Kneipe in Burien. Zehn Tage später verlor sich Georgann Hawkins’ Spur auf dem Weg vom Haus eines Freundes zu ihrer Studentenverbindung in Seattle. Die Seattle Times berichtete nun erstmals von einer möglichen Verbindung zum Mordfall von Lynda Healy. Außerdem meldeten sich Zeugen, die am Ort von Hawkins’ Verschwinden einen Mann auf Krücken beobachtet hatten, dessen Beschreibung auch auf den VW-Käfer-Besitzer mit dem verbundenen Arm passte, der am 14. April 1974 vor der Bibliothek in Ellensburg gesehen worden war.

Die zuständigen Polizeibehörden ermittelten in alle Richtungen, begegneten dem in den Medien aufkommenden Verdacht, dass ein Serienmörder am Werk sein könnte, jedoch noch mit Zurückhaltung. Dies änderte sich jedoch, als am 14. Juli am Lake Sammamish im King County gleich zwei junge Frauen, Janice Ott und Denise Naslund, verschwanden. Unter den schätzungsweise 40.000 Menschen, die den See an dem Tag besucht hatten, fanden sich mehrere Personen, die einen Mann mit einer Armschlinge beobachtet hatten, der junge Frauen angesprochen und sich als „Ted“ vorgestellt hatte. Einige der Angesprochenen berichteten, der Mann habe sie um Hilfe beim Beladen seines VW Käfer gebeten. Eine weitere Zeugin hatte Janice Ott mit ihm mitgehen sehen. Die Polizei verfügte nun über einen Tathergang, sowie eine genaue Beschreibung des Verdächtigen und leitete die öffentliche Fahndung nach Ted und dessen VW ein. Aus der beunruhigten Bevölkerung gingen tausende Anrufe bei den Behörden ein, die jedem geäußerten Verdacht nachgingen.

Es gab den eingegangenen Hinweis auf den Jurastudenten Ted Bundy, doch dieser wurde schnell als abwegig abgehakt.
Aufgrund der ähnlichen Umstände ihres Verschwindens und desselben Erscheinungsbilds der acht vermissten Frauen – alle waren jung, attraktiv und trugen ihre langen Haare in der Mitte gescheitelt – ging die Polizei inzwischen von einer Verbindung der Fälle aus und erkannte ein zeitliches Muster: „Ted“ suchte sich seine Opfer in regelmäßigen monatlichen Abständen aus.

Doch anstelle der von Ermittlern befürchteten, baldigen Nachricht vom Verschwinden einer „Miss August“, wurden erst Anfang September 1974 wieder Frauenleiche gefunden.

In einem Waldgebiet bei Issaquah waren Jäger auf menschliche Knochen gestoßen, die mithilfe von Röntgenaufnahmen und zahnärztlichen Unterlagen Janice Ott und Naslund zugeordnet werden konnten. Am Fundort der beiden Vermissten wurden außerdem die sterblichen Überreste einer dritten Frau entdeckt, die jedoch nicht identifiziert werden konnte. Im März wurden Leichenteile von Brenda Ball, Susan Rancourt, Roberta Parks und Lynda Healy weitläufig verstreut am Taylor Mountain in der Nähe von Issaquah gefunden.

 

Mordserie in Utah

Im Herbst 1974 endete die Serie von Vermisstenfällen in Washington. Die ermittelnden Polizeibehörden gingen deshalb davon aus, dass der Mörder weitergezogen war. Tatsächlich hatte Bundy zum Herbstsemester seinen Wechsel an die University of Utah vollzogen. Am 2. Oktober 1974 verschwand in einer Vorstadt von Salt Lake City die 16-jährige Schülerin Nancy Wilcox, welche zuletzt in einem vorbeifahrenden VW Käfer gesehen wurde. Die ein Jahr ältere Melissa Smith verschwand am Abend des 18. Oktober 1974, nachdem sie nach Aussage einiger Zeugen per Anhalter unterwegs gewesen war. Smiths nackte Leiche wurde zehn Tage später in einer Schlucht gefunden.

Bei einer Autopsie wurden ein Schädelbruch und hoher Blutverlust festgestellt. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass das Opfer nach seinem Verschwinden noch bis zu einer Woche überlebt hatte. Der Gerichtsmediziner stellte außerdem fest, dass Smith vergewaltigt worden war.
An Halloween 1974 verschwand die 17-jährige Laura Aime nach einer Party in Orem; ihre Leiche wurde am 27. November 1974 in einem Gebirge nahe Salt Lake City gefunden.

Am 7.9.1974 wurde die 19-jährige Carol DaRonch in einem Einkaufszentrum in Murray von einem nicht uniformierten Mann angesprochen, der sich als „Officer Roseland“ von der örtlichen Polizei vorstellte. Er behauptete, DaRonchs Auto sei aufgebrochen worden, und bat sie, ihn auf die Wache zu begleiten. Nachdem er ihr eine Marke gezeigt hatte, stieg DaRonch in „Officer Roselands“ VW Käfer.

Während der Fahrt versuchte der Mann ihr plötzlich Handschellen anzulegen und bedrohte sie mit einer Waffe. DaRonch gelang es jedoch, während der Fahrt aus dem Wagen zu springen, und sie erstattete bei der Polizei von Murray Anzeige. Noch am selben Tag verschwand Debra Kent, die wenige Meilen nördlich von Murray mit ihren Eltern eine Theateraufführung an der Viewmont Highschool in Bountiful besucht hatte und zuletzt während der Pause des Stücks auf dem Weg zum Schulparkplatz gesehen wurde.

Eine Lehrerin berichtete der Polizei später, ihr sei ein gutaussehender Mann aufgefallen, der während der Aufführung hinter den Kents gesessen habe. Derselbe Mann habe sie vor Beginn des Stücks mehrmals angesprochen und versucht, sie unter einem Vorwand zum Parkplatz zu locken.

 

Morde in Colorado

Die Krankenschwester Caryn Campbell, welche mit ihrem Freund zum Skilaufen in Snowmass war, verschwand am 12.01.1975. Zeugen sahen die junge Frau allein auf dem Weg zu ihrem Hotelzimmer, bei dem sie jedoch nie ankam. Ihre eingefrorene Leiche wurde im März im gleichen Jahr an einer unbefestigten Straße nahe Snowmass gefunden. Die Leichenobduktion ergab ein tödliches Schädel-Hirn-Trauma durch Gewalteinwirkung eines stumpfen Gegenstandes. Ob sie vergewaltigt wurde, ließ sich weder bestätigen noch ausschließen.

Am 15. März verschwand die Skilehrerin Julie Cunningham in Vail spurlos. Wenige Monate später am 6. April 1975 , wurde die 25 Jahre alte Denise Oliversoin zuletzt in Grand Junction lebend gesehen, als sie nach einem Besuch bei ihrem Freund mit dem Fahrrad nach Hause fuhr. Ihr Fahrrad wurde später unter einer Straßenüberführung gefunden, doch von Oliverson selbst fehlte jede Spur.

 

Verhaftungen

In den frühen Morgenstunden des 16.08 wurde Ted Bundy in Granger, Utah, von einer Polizeistreife angehalten, da er zu schnell gefahren war und mehrere Stoppschilder überfahren hatte. Bei der Inspizierung seines Wagens bemerkten die Polizisten, dass der Beifahrersitz auf der Rückbank lag. Außerdem entdeckten sie mehrere ungewöhnliche Gegenstände wie eine Brechstange, einen Eispickel, Handschellen und eine Strumpfmaske, woraufhin ein Haftbefehl beantragt und Bundy am 21. August wegen des Besitzes von Einbruchswerkzeug festgenommen wurde.

In den Tagen bis zu seiner Verhaftung kam den Ermittlern der Verdacht, dass Bundy könne für die Entführung von Carol DaRonch am 7. November 1974 verantwortlich sein könnte. Bei einer Gegenüberstellung am 2. Oktober 1975 erkannte DaRonch in Bundy den Mann, der sich als „Officer Roseland“ ausgegeben hatte.

Er wurde daraufhin wegen Entführung sowie versuchten Mordes angeklagt und seine Kaution belief sich auf 100.000 US-Dollar. Die nächsten sieben Wochen verbrachte er im Gefängnis, bis seine Kaution auf 15.000 US-Dollar herabgesetzt wurde und von seinen Eltern gestellt werden konnte. Der Prozess begann ein Jahr später am 23. Februar im Salt Lake City Courthouse und endete am 1. März mit Schuldig. Bundy wurde zu einer Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren verurteilt, mit erstmaliger Bewährungsanhörung nach weniger als drei Jahren.

Durch einen Sprung aus einem der Fenster im ersten Stockwerk des Pitkin County Courthouse gelang Bundy am 7. Juni 1977 erstmals die Flucht doch er wurde kurz darauf wieder gefasst.
Während er seine Haftstrafe im Utah State Prison verbüßte, arbeiteten die Ermittler daran, ihm den Mord an Caryn Campbell in Colorado nachzuweisen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung hatte die Polizei eine Ski-Broschüre sichergestellt, in der das Wildwood Inn, in dem Campbell abgestiegen war, mit einem Kreuz markiert war.

Außerdem bewies seine Kreditkartenabrechnung, dass er am Tag von Campbells Verschwinden in Glenwood Springs getankt hatte. Im Kofferraum seines VW Käfers fanden die Ermittler zudem Haare, die dieselbe Struktur aufwies wie Campbells Haare.Nachdem sich eine Zeugin gemeldet hatte, die Bundy im Wildwood Inn gesehen hatte, wurde Ted im Oktober 1976 des Mordes an Caryn Campbell angeklagt und im Januar 1977 nach Colorado überstellt.

Bundy bestand darauf, sich selbst zu verteidigen. Aus diesem Grund wurde ihm bei einem Gerichtstermin am 7. Juni 1977 im Pitkin County Courthouse in Aspen gestattet, sich ohne Hand- und Fußfesseln zu bewegen und während einer Verhandlungspause die juristische Bibliothek des Gerichtsgebäudes aufzusuchen. Dort sprang er in einem unbeobachteten Moment aus einem Fenster im ersten Stockwerk und floh. Er hielt sich eine Woche lang in den Bergen versteckt, bevor er mit einem gestohlenen Auto in eine Polizeikontrolle geriet und wieder festgenommen wurde.

Im Dezember 1977 gelang ihm erneut die Flucht, diesmal aus dem Gefängnis in Glenwood Springs. Nach mindestens drei weiteren Morden in Florida, wo er unter anderem das Verbindungshaus der Sorority Chi Omega überfiel, wurde Bundy dann am 15. Februar 1978 erneut gefasst und nach einer Gerichtsverhandlung wegen dreifachen Mordes zu Tode verurteilt.

 

Hinrichtung

Während Bundy im Gefängnis auf die von seinen Anwälten immer wieder verzögerte Vollstreckung der Todesstrafe wartete, wurde er in einem weiteren Gerichtsverfahren nochmals zum Tode verurteilt. Am 9. Februar 1980 nutzten Bundy und Carol Ann Boone ihre gemeinsame Anwesenheit bei der Verhandlung seines letzten Mordes (an der 12-jährigen Kimberly Leach), um sich vor Gericht ein Eheversprechen zu geben. Da sie in Anwesenheit eines Gerichtes geschlossen war, war die Ehe gültig.

Während seiner Haft wurde ihre gemeinsame Tochter Rose gezeugt, die im Oktober 1982 zur Welt kam. Kurz vor einem für Juli 1986 angesetzten Hinrichtungstermin besuchte ihn seine Frau noch mit der Tochter, verließ ihn jedoch im selben Jahr (kurz vor dem nächsten Hinrichtungstermin, der wieder verschoben wurde) und kam nicht mehr zurück. Der vierte Hinrichtungstermin war für den 17. Januar 1989 angesetzt und wurde nur verschoben, weil Bundy jetzt endlich geständig war.

Er teilte den Polizisten unter anderem mit, wo die Leichen von Donna Manson und Georgann Hawkins zu finden waren, die seit 1974 als vermisst galten. Dann versuchte er, die Hinrichtung unter dem Vorwand, weitere Geständnisse abzulegen, erneut herauszuzögern.
Ted Bundy wurde am 24. Januar 1989 um 7:16 Uhr (East Standart Time) wegen dreifachen Mordes im Florida State Prison auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet. Eine halbe Stunde nach seiner Hinrichtung verließ ein Wagen mit dem Leichnam Bundys das Gefängnis Richtung Krematorium. Dem Fahrzeug folgte eine johlende Menge.
Seinem Wunsch entsprechend wurde seine Asche in den Bergen der Kaskadenkette in Washington verstreut.

Genauer Tathergang

Mit seinem gutem Aussehen, Charme und seiner Redegewandtheit oder auch einem Anschein von Autorität, indem er sich als Polizist ausgab, gelang es Bundy immer wieder, Frauen zu überreden, ihn an abgelegene Orte zu begleiten. Dort schlug oder würgte er seine Opfer in der Regel bis zur Bewusstlosigkeit, um sie anschließend zu vergewaltigen. Zum Schluss erdrosselte oder erschlug er die jungen Frauen. Danach zerstückelte er die Leichen und transportierte sie über große Entfernungen, um Spuren zu verwischen. Häufig brachte er seine Opfer in einem VW Käfer zu dem Ort, an dem er sie tötete, wozu er den Beifahrersitz herausnahm, damit er seine Opfer besser transportieren konnte.

 

Anzahl seiner Opfer

Die genaue Zahl seiner Opfer ist unbekannt. Offiziell gestand Bundy, 30 Morde begangen zu haben. Die tatsächliche Opferzahl wird jedoch auf 60 bis über 100 geschätzt. Darüber hinaus fielen ihm mehrere Frauen zum Opfer, die ihm, wenn auch zum Teil stark verletzt, entkommen konnten. Bei seinen Opfern handelte es sich fast ausschließlich um junge, attraktive Frauen, die ihr langes Haar in der Mitte gescheitelt trugen. Die sterblichen Überreste vieler Opfer, die Bundys Mordserie zugeschrieben werden, konnten nicht gefunden oder identifiziert werden.

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